“Zielsetzung nicht erfüllt.“ Mit dieser Begründung ließ Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz die bekannte Rechercheplattform “Addendum“ einstellen. Frei nach dem Motto „Die Dose gibt´s, die Dose nimmt´s“ wurden die 57 Beschäftigten gekündigt und beim AMS angemeldet.
Das ursprüngliche Ziel von Addendum (lateinisch: das Hinzuzufügende) war es, eine Lücke in der österreichischen Medienlandschaft zu füllen. Dass die hochwertig recherchierten Artikel eine Bereicherung der nicht von Diversität strotzenden Medienlandschaft waren und die liberale Plattform mitunter auch kritisch über die Regierung berichtete, ist ihr wohl nun zum Verhängnis geworden. Der Mäzen lässt Addendum mit der Begründung schließen, es würden nicht genug konkrete Lösungen für Probleme aufgezeigt werden.
Der öffentliche Diskurs verliert immer mehr an Qualität
Man kann darüber diskutieren, ob Österreich je einen gut funktionierenden öffentlichen Diskurs über Politik und eine diversifizierte Medienlandschaft hatte. Es lässt sich aber nicht negieren, dass das Niveau dabei in den letzten Jahren dramatisch gefallen ist. Diesbezüglich meldete sich kürzlich der ehemalige Bundeskanzler Christian Kern zu Wort. Er mache sich große Sorgen um die demokratische Öffentlichkeit, weil Desinformations-Strategien wie „Flood the zone with shit“ früher nur von Rechtspopulisten verwendet worden seien, mittlerweile jedoch Bundeskanzler Sebastian Kurz selber sich solche Methoden zunutze machen würde. Werte, Prinzipien und Haltungen gerieten dabei völlig in den Hintergrund, Machterhalt sei das einzige, das zähle. Dieser Meinung ist immerhin nicht nur ein österreichischer Kanzler außer Dienst, sondern auch ein im Amt befindlicher französischer Präsident. Manuel Macron sagte beim jüngsten EU-Gipfel wörtlich über Kurz: „Seht ihr? Es ist ihm egal. Er hört den anderen nicht zu, hat eine schlechte Haltung. Er kümmert sich um seine Presse und basta.“
Was hat das mit Kultur zu tun?
Sehr viel! Die Qualität des öffentlichen Diskurses einer Gesellschaft wird nicht nur durch die ihrer Medien bestimmt. Die Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen tragen dazu bei, ihr den Spiegel vorzuhalten. Das wird ihnen – nicht zuletzt durch die Corona-Krise – jedoch immer mehr erschwert. Einer alarmierenden Prekarisierung im Kulturbereich sieht die Regierung annähernd tatenlos zu. Ob in Nachlässigkeit oder mit voller Absicht ändert dabei zwar nichts am Ergebnis, aber dass die regierende neoliberale Sparpolitik eine bewusste, ideologische Grundlage für die Kürzungen in der Kultur und auch der Bildung darstellt, ist unbestreitbar. Es ist höchst an der Zeit, Medien, Kultur und Bildung aus der Qualitäts- und Existenzkrise herauszubringen und so aufzuwerten, dass sie ihrerseits das auch bei der Gesellschaft tun können. Es ist Zeit für einen neuen Aufbruch.
Wie seht ihr das Ende von „Addendum“? Was fehlt aktuell in der österreichischen Medienpolitik? Lasst uns ein paar Zeilen oder Stichworte an kulturpolitikwagen@gfk-ooe.at zukommen. Wir sammeln sie und setzen uns dafür ein, dass die Öffentlichkeit – in verdichteter und anonymisierter Form – darüber erfährt.