(…) sehr geehrter Herr Kulturreferent,
erst kürzlich waren einige von uns mit vielen anderen Kulturarbeiter*innen, Künstlern und Künstlerinnen und Lehrenden – viele von Ihnen auch ehemalige oder aktuelle Mitglieder des oö. Landeskulturbeirates – zur Auftaktveranstaltung zum neuen oö. Kulturleitbild geladen. Danke dafür, dass Sie sich gemeinsam mit so vielen kulturell engagierten Menschen einen Abend lang auseinandersetzten und offenbar interessiert waren an unseren Einwürfen, Ideen und Schlagwörtern zum neuen Kulturleitbild. Was Sie uns in Berichten davor und auch vor Ort schuldig geblieben sind, ist allerdings eine fundierte, transparente und nachvollziehbare Begründung dafür, warum ausgerechnet jetzt ein neues Kulturleitbild von Nöten ist, oder eine – wie Sie sagen – ‚Neuordnung des künstlerischen und kulturellen Geschehens‘. Schließlich ist das vor 10 Jahren auf 15 Jahre formulierte Kulturleitbild weder ein schlechtes, noch eines, mit dem sich nicht weiterarbeiten ließe noch hatten wir in den vergangenen 10 Jahren mit so massiven demographischen, wirtschaftlichen oder politischen Veränderungen zu tun, die ein neues Leitbild notwendig machen würden.
Oder etwa doch?
Die vielen Vermutungen, Gerüchte und Befürchtungen, was denn nun neu geordnet werden müsse und wer vor allem davon profitieren werde, wurden heute Vormittag leider bestätigt: Der Maler Odin Wiesinger soll seitens der FPÖ in den Landeskulturbeirat entsendet werden und Sie, Herr Landeshauptmann, verweisen dabei schulterzuckend auf das „eigenständige Nominierungsrecht für alle im Landtag vertretenen Parteien“. Das trifft zu, das ist richtig und das mit auch gut so und bislang wurde dieses Nominierungsrecht von den Parteien ganz im Sinn der demokratischen, wertschätzenden Ausrichtung des Gremiums genutzt. Das heißt, auch Menschen, die von Parteien nominiert wurden, haben sich stets an die offenen, diskursiven Strukturen der einzelnen Fachbeiräte und Arbeitsgruppen gehalten, es stand nicht die plumpe politische, ideologische Ausrichtung im Vordergrund, sondern der wertvolle Austausch immer im Sinn oberösterreichischer Kulturarbeit. Mit Odin Wiesinger allerdings würde nun eine Person in dieses Gremium einziehen, die aus seiner extremen politischen Haltung kein Hehl macht. Er publizierte in als rechtsextrem eingestuften Blättern wie der ‚Aula‘ und für das rechte Magazin ‚Info-Direkt‘, eine seiner Bildserien trägt den Namen ‚Endsieg‘, darüber hinaus verleiht er seiner frauenverachtenden Haltung auf Social Media Kanälen gerne Ausdruck und bezeichnet u.a. Frauen, die offenbar nicht seiner politischen Gesinnung entsprechen, als „ein Stück Fleisch“. Und das sind nur einige Beispiele und Begründungen dafür, warum wir der Ansicht sind, dass Herr Wiesinger nichts in einem ehrenwerten Gremium wie dem oberösterreichischen Landeskulturbeirat zu suchen hat.
Herr Landeshauptmann, wir appellieren an Sie – machen Sie sich der Tragweite dieser Nominierung bewusst und schüren Sie durch nüchterne Verweise auf Statuten nicht weiter die Befürchtungen vieler, dass es sich bei der ‚Neuordnung des kulturellen Geschehens‘, von dem Sie anlässlich der Neuformulierung des Leitbildes sprechen, rein um die hegemonialen Ansprüche einer Klientel handelt, die aus den bisherigen diskursiven Räumen Orte des Kulturkampfes machen will.
Wir wurden wie viele andere auch, am Abend des 8. Mai gefragt, was ein neues Kulturleitbild enthalten müsse – an diesem Abend sprachen und diskutierten wir noch über sehr viele tiefgreifende Ideen dazu. Heute, wenige Tage danach, reduzieren sich diese vielen Ideen aufgrund der drastischen Entwicklungen auf einen einzigen Satz:
Ein neues Kulturleitbild muss ein ganz klares und glaubwürdiges Bekenntnis zu einer demokratischen, offenen, inklusiven Kulturpolitik enthalten, die alle rechtsextremen, identitären Kultur- und Heimatbilder, die sich aus einer Geisteshaltung ableiten, von der Österreich 1945 befreit wurde, eindeutig ablehnt.
Wir ersuchen Sie, lehnen Sie Kraft Ihres Amtes als Kulturreferent und Landeshauptmann die Nominierung Odin Wiesingers ab und distanzieren Sie sich von allen Versuchen seitens der FPÖ, unser Land kulturpolitisch um Jahrzehnte zurückzuwerfen!
Mag.a Wiltrud Katherina Hackl, Geschäftsführerin gfk oö
Mag.a Verena Humer, stv. Geschäftsführerin der KUPF
Mag.a Kathrin Quatember, Historikerin