von Doris Margreiter
Unsere aktuelle Gleichung lautet: Kinderbildung = Kinderkultur.
Der Eintritt in die Krabbelstube ist für die Jüngsten meist die erste Begegnung mit Gleichaltrigen und einer geregelten sozialen Institution. Sie wachsen gemeinsam, sammeln wichtige Erfahrungen und stärken von Klein auf ihre sozialen und kulturellen Kompetenzen. Gerade in der aktuellen Zeit gibt es Herausforderungen, auf die nun genau geschaut werden müssen, um die Kultur des friedlichen Zusammenseins zu fördern – und zwar von Klein auf.
Wir merken gerade, dass für viele Kinder der Eintritt in die Krabbelstube tatsächlich den allerersten sozialen Kontakt mit Gleichaltrigen bedeutet. Die letzten 18 Monate Pandemie haben sich auch auf die Kleinkinder ausgewirkt. Es gab keine Spielgruppen, keine offenen Treffs, ja sogar private Treffen mit Freundinnen waren untersagt. Die Mitarbeiterinnen in den Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen beobachten, dass Kindern soziale Vorerfahrungen gänzlich fehlen. Der Eintritt in die Krabbelstube muss daher sehr bedacht und gut begleitet erfolgen. In der Krabbelstube erfahren die Kinder erstmals Gemeinschaft und eine Kultur des Beisammenseins.
Die fehlenden gemeinsamen sozialen Kontakte mit anderen Kleinkind-Familien wirken sich auch auf die Eltern aus. Insbesondere Erstlingseltern fehlen Erfahrungen und Beobachtungen in die Richtung „Wie interagiert mein Kind mit einem gleichaltrigen Kind?“ Auch hier geht es um Interaktion, um Kultur und um das Gemeinsame. Einfach zu merken, man ist mit den Sorgen und Ängsten nicht allein. Gerade im Austausch lernen wir viel von unseren Mitmenschen, von unserer Umwelt und unserer Kultur.
Tragfähige Beziehungen als Basis jeder Bildung
Für Familien ist es eine wichtige Grundvoraussetzung, ihre Kinder gut betreut zu wissen, während sie ihrer Arbeit nach gehen. Während der erfolgreichen Eingewöhnungsphase werden in den Krabbelstuben-Einrichtungen tragfähige Beziehungen aufgebaut, die als Basis für spätere Bildungsprozesse und kreatives Schaffen dienen. Bereits in der Krabbelstube passiert Bildungs- und Kulturarbeit, die man zuhause nicht leisten kann. „Aber ich spiele eh so viel mit meinem Kind“ ist eine Aussage, die in keiner Relation zur Arbeit in den Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen steht. Dass es sich hier um kein gleichwertiges Spielen handelt, daran denken die wenigsten. Als Elternteil spiele ich wohlwollend mit dem Kind und gehe auf die Bedürfnisse ein. Unter Gleichaltrigen herrscht schon einmal ein Interessenskonflikt, den es zu lösen gilt – manchmal auch mit Hilfe eines Erwachsenen. Diese Fähigkeit ist essenziell in einer Gemeinschaft.
Kinderbildung ist kein Kinderspiel
Zum Glück gelten Krabbelstuben, Kindergärten und Horte längst nicht mehr als „Aufbewahrungsstätten“ für die Kinder von berufstätigen Eltern. Viel hat sich in den letzten Jahren getan. Mittlerweile ist es auch vermehrt zu den verantwortlichen politischen Entscheidungsträger:innen durchgedrungen, dass Kinderbildung kein Kinderspiel ist, sondern eine ernstzunehmende Tätigkeit, basierend auf wissenschaftlichen Grundlagen. An dieser positiven Entwicklung waren auch die Kinderfreunde maßgeblich beteiligt.
Alle Kinder haben sich Chancengleichheit und die beste Bildung verdient. In den Einrichtungen der Kinderfreunde werden Werte wie Gleichheit, Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden, Vielfalt und Solidarität gelebt und vermittelt. Die Kinderfreunde werden sich in ihrer aktuellen Kampagne wieder dafür stark machen, dass es für Kinderbildung einfach „mehr Knödel“ (= Geld) geben muss. Und wir werden weiterhin mutig unseren Weg gehen, um Kindern echte Perspektiven zu geben. Für ein gutes Leben #füralleKinder.