Nach der „After Christmas Show“ im Jänner 2016 freuen wir uns sehr auf einen zweiten philosophischen Salon in freundlicher Kooperation mit der Sparkasse OÖ. Diesmal zusammengestellt und geleitet von den Kulturwissenschaftler_innen und Universitätsprofessor_innen Karin Harrasser und Helmut Lethen und Studierenden der Kunstuniversität Linz:
Ein Abend über Herkunftsscham und die Schamlosigkeit des Kapitals
Das Narrativ der Loslösung aus familiären Banden war sicher prägend für intellektuelle und künstlerische Biographien von EuropäerInnen in den letzten 200 Jahren. Ökonomische Unabhängigkeit war das eine, die Emanzipation aus dem Herkunftsmilieu das andere. Mittel dafür konnte eine popkulturelle, künstlerische, politische Szene sein oder eine Bildungskarriere, die mit ästhetischen und/oder ethischen Vorstellungen des Elternhauses brach. So oder so ging es um den Eintritt in eine Sphäre, in der nicht nur intellektuell, sondern auch emotional andere Verhältnisse herrschten als die gewohnten. Die Konfrontation mit der Herkunft und den Eltern, wenn diese etwa plötzlich an der Universität auftauchen oder in der Firma in der Tür stehen, erzeugte häufig einen schmerzlichen und seltsamen Riss im Selbstbild, dem wir – zum ersten – als einem Effekt der Scham nachgehen wollen. Zum anderen scheint sich die Situation aber derzeit insofern zu verändern, als dass ökonomische Selbständigkeit nicht mehr so einfach zu erreichen ist; die Refugien eine alternativen Selbstbildung schrumpfen und immer mehr junge Menschen sind dazu gezwungen, entweder bei den Eltern leben zu bleiben oder sich der Schamlosigkeit des Kapitals zu ergeben, etwa für den Arbeitsplatz sämtliche, auch selbstgewählte, soziale Bindungen aufzugeben. In einem intergenerationellem Polylog möchten wir Fragen nach Kontinuitäten und Brüchen in Sozialisierungsmodellen nachgehen.