von Susanne Pollinger
Wie schien uns doch die Zukunft vielversprechend, in den schreckensreichen Tagen des ersten Lockdowns im Jahr 2020! Wenn wir die richtigen Maßnahmen gefunden, ausreichend über Testkapazitäten und erst über eine Impfung verfügen würden … ja, dann wäre wieder alles gut.
Harter Aufprall
Was Mitte/Ende März 2020 in weiter Ferne schien, gehört heute zum Alltag. In einem Rekord-Tempo wurde das regelmäßige Testen zur Selbstverständlichkeit. Die Impfung war so schnell da, dass ihr jetzt große Teile der Bevölkerung skeptisch gegenüberstehen. Verschwörungstheoretiker*innen machen sich wichtig und ihre Geschäfte damit, Menschen gegen Regierungen und deren Maßnahmen gegen die Pandemie aufzubringen.
Freundschaften zerbrechen ob der Frage, „bist du (eh schon) geimpft?“. Große gesellschaftliche Unversöhnlichkeit hat sich breit gemacht.
Zusätzlich erschrecken uns die – durch die Klimaerwärmung – entstandenen Katastrophen, und die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Die Beispiele von menschenunwürdigen politischen Machenschaften lassen sich lange fortsetzen.
Kuscheliges Zuhause
Kommt es mir nur so vor, oder hat angesichts dieser schwer aushaltbaren Entwicklungen eine Art Rückzug der Menschen ins ganz Private eingesetzt? Wollten viele nach den ersten Lockdowns nur noch raus und nahmen jede Möglichkeit des kulturellen, sportlichen, gesellschaftlichen Austauschs gern in Anspruch, so hat sich nun Selbstgenügsamkeit breit gemacht.
Es wäre kein Wunder, schließlich assoziieren wir ja seit Beginn der Pandemie größere Menschenmengen mit Gefahr, automatisch denken wir bei Festivals und Konzerten „an Abstand halten“, statt an Stage Diving.
Und so bleiben viele daheim, sie haben es sich ja auch gemütlich eingerichtet. Der Austausch mit anderen Menschen erfolgt in ganz kleinem Kreis und in der eigenen digitalen Blase.
Reibung, Wissenschaft!
Das ist fatal, brauchen wir doch gerade jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung, um auf neue Lösungen zu kommen. Künstler*innen sind unendlich wichtig in einem Prozess, der Neues schafft. Wir brauchen den Austausch, wir brauchen aufregende Impulse, wir sollten voneinander lernen, einander zuhören, miteinander streiten, uns versöhnen, die anderen leben lassen. Aber wir sollten auch nie aufhören, für einen rationalen, wissenschaftlich fundierten und gesellschaftlich gerechten Zugang zu kämpfen.
Die Kulturverliebten grüßen
Wie es angesichts des herannahenden Herbstes und der hohen Zahlen von COVID-19-Infizierten mit unseren Möglichkeiten des persönlichen Austausches im Kulturkontext weitergeht? Wir wissen es nicht. Möglich ist, dass Kunst und Kultur wieder „runtergefahren“ werden. Wir wissen ja, dass Kanzler Kurz und seine Entourage NICHT zu den „Kulturverliebten“ gehören.
Es gut machen
„Danach“ – so lautet der aktuelle Schwerpunkt der Gesellschaft für Kulturpolitik OÖ. Wiltrud Katherina Hackl, gfk-Geschäftsführerin schreibt in ihrem aktuellen Magazin-Editorial, dass es um die Suche, „das Ausloten“ nach dem Danach geht, „wie wir es diesmal gut machen, und nicht zu einer Normalität zurückkehren, die uns doch all dies erst eingebrockt hat“.
Die Suppe, die wir uns und zukünftigen Generationen zubereitet haben, ist jedenfalls viel zu dick, zu ungesund, einfach widerlich. Es liegt an uns, die politischen Machthaber*innen, die wirtschaftlichen Entscheider*innen auf die richtige Spur zu bringen. Zu einem Weg der für Mitmenschlichkeit, Solidarität, der für Mitgefühl, für Mensch und Natur steht. Schließlich geht es um nicht weniger als das langfristige Überleben der Menschheit.